27.-31. März 2024 in #Guinea:
Tag 1: Centre agro-pastoral ste Ursule du Mont Ziama
Die Ausreise Elfenbeinküste und Einreise Guinea war unkompliziert, freundlich und korrekt. Keiner hat die Macht des Stempels missbraucht. In Guinea gibt es zusätzlich eine gründliche Militär-Kontrolle. Die gute Straße der Elfenbeinküste endet am Grenz-Seil und es geht sofort mit tiefen Löchern und Gräben weiter.
An der Grenze verpasse ich Bargeld zu wechseln. Also ab in die nächste große Stadt N’Zérékoré, wo ich mich bei 40 Grad Hitze durch ein unglaubliches Markt-Chaos im Stau schlängel mit vielen hupendenden, rasenden Mopeds, um Geld abzuheben. Am Geldautomaten stelle ich fest, dass ich vergessen hatte Guinea freizugeben. Die Website der Kreditkarte lässt sich mit dem schlechten Internet nicht aufrufen… also kein lokales Bargeld, was nun?
Ich fahre weiter, mache Strecke und überlege mir, wie ich ohne Bargeld sicher übernachten kann. In iOverlander gibt es nur Wildcamps. Also halte ich Ausschau nach Gesundheitszentren, Projekten etc. So langsam wird es spät und ich bin genug gefahren für heute, da entdecke ich ein Schild „Centre agro-pastoral ste Ursule du Mont Ziama“. Der Weg ist sehr holprig und dort erreiche ich ein Idyll mit Blick auf den tropischen Regenwald und den Mount Ziama.
Die Schwestern heißen mich herzlich Willkommen und natürlich kann ich hier im Auto sicher campen. Und Geld wechseln sie mir auch. Vier afrikanisch bunt gekleidete Schwestern führen hier einen Lehrbetrieb für Bio-Landwirtschaft. Sie zeigen mir alles von Fisch-, Geflügel- und Schweine-Zucht und Gemüseanbau. Sie produzieren mit den Abfällen Biogas zum Kochen. Endlich mal eine sinnvolle Alternative zu der Holzkohle am Straßenrand.
Auf einmal kommt Militär und Co mit dem französischen Botschafter angefahren, der hier heute zu Abend isst und nächtigt. Mein Schlafplatz ist heute auf jeden Fall sicher 🤣
Im Bio-Hofladen kaufe ich frische Gurken, was für ein Genuss! Später speise ich gemeinsam mit den Schwestern, die sehr fröhlich sind. Es gibt eine super leckere Bio-Gemüse-Quiche zum Abendessen.
Am nächsten Morgen verlassen der französische Botschafter mit seinem großen Militär-Konvoi und kurz darauf auch die Oberschwester mit Fahrer und Begleitfahrzeugen für einen Auswärtstermin die Anlage. Vorher verabschiedet sie sich herzlich von mir und ich sollte mich melden, wenn ich Hilfe brauche, sie hätte in ganz Guinea Schwestern verteilt, die sie anrufen kann. Das ist Afrika und Frauenpower 🥰
Nach diesen beiden großen Paraden starte ich alleine mit dem Toyo und setze meine Rallye fort.
Tag 2 der Guinea-Schlagloch-Rallye
Heute bin ich gut vorangekommen und es gab auch viele gute Abschnitte. Ein längeres Stück der Nationalstraße war heftige Piste. Da müssen sich alle LKWs durchwühlen. Auch ein normales weißes Campingfahrzeug aus Hamburg kam mir entgegen. Die haben geflucht und müssen sich wohl Millimeterweise da durch gekämpft haben: mit höhergelegenem Fahrwerk, Unterbodenplatte für den Schutz des Motors und heftigen Schäden an der Stoßstange hinten. Respekt. Mit dem Toyo hat es Spaß gemacht.
Auffallend krass sind die Fahrzeuge in Guinea nach oben hoch beladen. Und oben drauf sitzen bei voller Geschwindigkeit, Schlaglöchern und Kurven Menschen. In Faranah wollte ich tanken ⛽️. Erst die dritte Tankstelle außerhalb hatte Super. Da habe ich erst mal einen Schrecken bekommen, ob die Spritkrise immer noch präsent ist? Ich zahle mit 130 Scheinen, à 1 Euro-Wert. Das Zählen hat gedauert 🤣 Jetzt ist der Tank voll und reicht sicher bis in den Senegal. Von wegen, wie sich später rausstellt.
Auch habe ich es geschafft die Kreditkarte für Guinea freizuschalten und 60 Euro abgehoben. Mehr gibt es nicht pro Transaktion! Im Hotel Niger darf ich campen und esse zur Abwechslung Hühnchen mit Fritten… Es gibt oft das Gleiche.
Morgen hat die Straße extrem viele Schlaglöcher. Das wird mühsam, also ein anstrengender Fahrtag!
Tag 3: Reifenpanne
Das war ein Tag!
100 km vor Mamou mitten in der Pampa hat der Toyo hinten links einen Platten. Die Dorfbewohner können mir sicher nicht helfen, denn sie fahren weder Moped noch Auto. Ich rufe Jürgen an, wo das passende Werkzeug ist und wie es geht.
Ein LKW hält an und einer packt gleich zu. Übereifrig hätte er beinahe den Toyo an der Plattfeder mit dem Spielzeug-Wagenheber von Toyota hoch gestemmt. Während Jürgen den Toyo am Telefon am Starnberger See schon umfallen sieht, muss ich mit voller Kraft den Typen stoppen, der mich erst nicht ernst nimmt und in französisch erklären, dass er dies am Leiterrahmen tun soll. Und vorher bitte das Ersatzrad runter schrauben.
Endlich kommt der große Wagenheber vom LKW zum Einsatz und auf einmal ist der Chef vom LKW da, der wohl geschlafen hatte und übernimmt sehr kompetent das Kommando. Der Toyo steht jetzt bombenfest auf drei Rädern.
Der Wagenheber geht nicht hoch genug für den aufgepumpten Ersatzreifen. Kurzerhand wird die Piste weggebuddelt und ein Dorfbewohner bringt dafür einen Spaten. Ein neues Schlagloch ist geboren.
Sie packen anschließend mein Werkzeug ordentlich zusammen. Der Chef zeigt auf die Schlagloch Piste und legt mir nahe den Reifen in Mamou gleich reparieren zu lassen. Sicher ist sicher.
In Mamou lass ich den kaputten Reifen als Ersatzrad flicken. Der Flicken wird für den Reifen aus alten Reifen zugeschnitten, während Jürgen mir am Telefon erklärt, das es einen guten Flicken braucht und ein spezieller Schlauch eingelegt gehört. Die Realität in der ich gerade bin, sieht anders aus: Die haben hier nichts und basteln eine Lösung.
Immer wieder erstaunlich, wie schnell sie einem helfen in Afrika. Hier brauche ich nicht selbst reparieren, muss aber wissen, wie es geht und alles im Blick behalten. Abends erreiche ich noch mein geplantes Zwischenziel in Dalaba. Das hatte heute eindeutig Rallye Charakter!
Extrem viele und tiefe Schlaglöcher, interessante Begegnungen, der Toyo läuft wieder und ich habe viel gelernt 🤣👍
Tag 4: Koundara
Boah, das war heute Strecke fahren: 8-9 Stunden auf härtesten Schlaglochstrassen und Pisten. Eine Bergpassage als Superbaustelle, gefühlt unendlich. Viele liegen gebliebene LKWs. Ein Wunder, dass da überhaupt welche durchkommen. Zwischendrin gab es zum Glück auch gute Abschnitte. Die Reifen vom Toyo machen gut mit obwohl drei von ihnen bereits deutliche Gebrauchsspuren aufweisen. « Toyo lass deine Schuhe an »!
Die Landschaft verändert sich. Roter Staub, es wird wieder staubig und trocken. Im Hinterhof von einem einfachen Hotel kann ich campen und beobachte das muslimische Leben der Familie.
Morgen sind es nur noch wenige Kilometer bis zur Grenze zum Senegal 🇸🇳 Dort werde ich mich dann erstmal wieder erholen und ein paar Tage verweilen.
Tag 5: Vollgetankt im Senegal
Die 5 Tage Guinea-Transit-Schlagloch-Rallye ist geschafft!
- 130 km Anfahrt Elfenbeinküste,
- 1.200 km in Guinea,
- 360 km im Senegal,
- zwei Grenzübergänge,
- eine Reifenpanne,
- eine Reifen Reparatur
- Und mit gerade noch genug Sprit in den Senegal gerollt.
In Guinea gab es wieder eine Spritkrise. Die Tankstellen sind entweder leer oder es herrscht tumultartige Zustände. Der Toyo war schon ziemlich durstig auf der heftigen, bergigen Piste. Auf das Chaos an der Tankstelle habe ich keine Lust. Das hätte mich ein paar Stunden oder gar Tage gekostet. Die Mopeds kommen mir vom Senegal mit gefüllten Kanistern entgegen. Die werden mir in Not was geben … Auch der Esel, der kein Sprit verbraucht, kommt zum Einsatz 🤣
Zuviel Hierarchie bremst!
Die Ausreise Guinea war korrekt, aber sehr langwierig. An der ersten Polizeikontrolle wird alles überprüft und die abgelaufenen Visa aus Guinea verwirren den Beamten. Also muss ich zum Chef, der bestätigt, dass ich ein gültiges Visum für 5 Tage Transit habe.
Beim Zoll stehen extrem viele mit Uniform rum, aber der Chef für den Stempel fehlt. Also geht nichts voran. Bin für Sonntag zu früh. Der Chef kommt, dann gibt es ein langes Meeting mit allen und dann müssen alle auf ihre Plätze. Das dauert. Ich gehe von der Hierarchie ganz unten bis fast ganz oben mit dem Carnet de Passage durch diverse Räume. Der Chef vom Chef vom Chef hat einen, der das Papier ihm reicht. Zu viele Hierarchien bremsen gewaltig. Danach noch mal Immigration, wo wieder viele mit Uniform rumstehen und nur einer stempelt.
Weiter zur Einreise, meine Idee um 11 Uhr über die Grenze zu kommen ist unrealistisch. Denkste, Senegal war so schnell mit jeweils 2 Personen, dass ich den Beamten verwirrt anstarre.
Im Senegal gibt es gute Straßen und Esel-Karren statt Mopeds.
Eigentlich wollte ich noch einen Abstecher zum Nationalpark Niokolo-Koba machen, aber es ist extrem heiß bis 47 Grad. Also weiter fahren Richtung Zebrabar im Norden, wo es einen kühlen Streifen auf der Wetterkarte gibt. Auf der Strecke gibt es keine gute sichere Campsite zum übernachten. Wildcampen alleine, hm. Da sehe ich ein modernes Krankenhaus mit Gate und viel Wachpersonal. Die lassen mich campen und ich habe gleich eine Verbündete gefunden, die heute Nacht Dienst hat.
Jetzt gönne ich mir erstmal einen Pastis. Muss ja noch Jürgens Alkohol-Voräte vor der Einreise nach Mauritanien löschen 🤣
Hier geht es weiter:
Senegal, südlich der Sahara (5)
Und hier zum Anfang der Serie
Plötzlich allein in Westafrika, was nun?